Münchens Oktoberfest
Warum man sich das antun sollte? Weil man die Münchner und ihre Stadt selten so weltoffen, so kontaktfreudig, so unprätentiös prätentiös, so entspannt und so hilfsbereit erlebt als zur Wiesnzeit.
…als gäbs kein Morgen…
Fragt man als Tourist einen Münchner nach dem Oktoberfest, dann passiert in etwa folgendes: Erst wird einem höflich erklärt, dass man in München Wiesn sagt, also bayrisch für „Wiese“, weil das Oktoberfest auf der Theresienwiese stattfindet unterhalb der Bavaria, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts darüber wacht und so weiter und so fort. Dann bekommt der Münchner leuchtende Augen – vom Ausnahmezustand, Wahnsinnsstimmung und feschen Baum und Madln zum Schwärmen beginnen um schlussendlich damit zu enden, dass man das alles ja eigentlich gar nicht so recht in Worte fassen können, was die Wiesn an sich ausmacht. Man muss es einfach selbst erleben.
Mit Ausnahmezustand meint der Münchner, dass das Oktoberfest zwei Wochen im Jahr die Landeshauptstadt regiert. Da finden selbst Geschäftsessen nicht beim Italiener oder im Tantris statt sondern in einem Festzelt, da drückt der Chef ein Auge zu, wenn unter dem Anzug mal das Trachtenhemd hervorblitzt, da bilden vor den Türen der U-Bahn-Waggons, die Richtung Oktoberfest fahren Menschenschlangen, wie man sie sonst nur aus asiatischen Megacities kennt.
Und sogar Parteifeinde jubeln dem Oberbürgermeister zu, wenn er das erste Fass ansticht, und die Begeisterung fürs Bier erfasst selbst jene Münchnerinnen, die sonst ihren zarten Gaumen nur mit Champagner verwöhnen.